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Seit 60 Jah­ren gibt es Fern­wär­me in Graz

Runder Turm mit Aufschrift "Energie Graz", im Hintergrund Abendstimmung und Blick auf Graz
© Energie Graz

Seit 60 Jahren versorgt die Energie Graz ihre Kund:innen mit Fernwärme. Gemeinsam mit den Partnern Energie Steiermark, Holding Graz, Stadt Graz und Land Steiermark konnten zum 60-jährigen Jubiläum bereits 60 Prozent der Grazer Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen werden.

Der Ausbau der Fernwärme ist die wichtigste Umweltmaßnahme der letzten Jahre, die die Luftqualität in Graz nachhaltig verbessert hat. So sank die Anzahl der Feinstaubtage um über 70 Prozent innerhalb von nur zehn Jahren!

Die Geschichte der Fernwärme

Die Anfänge der Grazer Fernwärme liegen in den 1960er Jahren. Damals führten Absatzprobleme in den weststeirischen Braunkohlerevieren zu wachsenden Kohlehalden. Als Konsequenz forderte man die Grazer Stadtwerke gemeinsam mit der Steweag dazu auf, eine Fernwärmeversorgung in Graz zu etablieren. Damit war der Grundstein für eine zukunftsorientierte Wärmeversorgung der Stadt Graz gelegt.

Das Fernheizkraftwerk Graz nahm im Jahr 1963 den Betrieb auf. In den 80er-Jahren folgte die Inbetriebnahme des Kraftwerks Mellach und der Bau der rund 18 Kilometer langen Fernwärmetransportleitung in die Stadt. Zusätzlich wurde im Jahr 1993 das Fernheizkraftwerk Graz von Braunkohle auf Erdgasversorgung umgestellt.

Das Wachstum der Fernwärme war gerade in den letzten 15 Jahren enorm. So erhöhte sich die Zahl der versorgten Wohnungen von 35.000 auf knapp 90.000, das Netz wurde von 278 auf 457 Kilometer ausgebaut, und die abgegebene Energiemenge stieg von 800 Gigawattstunden auf 1.120 Gigawattstunden im Jahr 2023.

Große Herausforderungen

Bis ins Jahr 2020 wurden 70 bis 80 Prozent der benötigten Energie als Abwärme aus der gekoppelten Strom- und Wärmeproduktion durch den Verbund in Mellach bereitgestellt. Große Änderungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Umstellung von einer Grundlastproduktion mit Steinkohle auf eine flexible Erzeugung mit Erdgas führten zu einer massiv verringerten Wärmelieferung aus Mellach. Zusammen mit den deutlich gestiegenen Anforderungen an die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung ist ein viel dezentraleres Fernwärmesystem mit einer Reihe weiterer CO2-freier Wärmeeinspeiser im Entstehen.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden daher bereits zahlreiche Projekte umgesetzt, die die Aufbringung der Grazer Fernwärme Schritt für Schritt umweltfreundlicher machten und absicherten. Der Anteil grüner Wärme aus erneuerbarer Energie und industrieller Abwärme konnte damit von etwa 70 auf etwa 300 Gigawattstunden vervierfacht werden.

Innovative Projekte für ein CO2-freies Morgen

Vor allem die Nutzung industrieller Abwärme, die ansonsten ungenutzt in die Umgebung abfließt, stellt einen wichtigen Baustein für die Ökologisierung der Fernwärme dar. Diese kommt aus dem Papier- und Zellstoffwerk Sappi in Gratkorn sowie dem Stahl- und Walzwerk Marienhütte. Bereits ein Viertel der Grazer Fernwärme stammt aus diesen Quellen, weitere Projekte sind bereits in Planung. Beim innovativen Energiemodell Reininghaus wird der neue Grazer Stadtteil zur Gänze mit umweltfreundlicher Nahwärme in Kombination mit einem Wärmespeicher versorgt.

Das solare Speicherprojekt „Helios“ ist ein Vorzeigeprojekt für nachhaltige Wärmeaufbringung. Bereits seit 2018 wird Wärme aus Sonnenenergie und Deponiegas – aus einer thermosolaren Großanlage mit 6.000 m², einem Deponiegas-Blockheizkraftwerk bzw. einer Power-to-Heat-Anlage – gewonnen und in einem 27 Meter hohen Speicherturm gespeichert.

Leuchtturmprojekte auf dem Weg

Auf dem Weg zur weiteren Dekarbonisierung der Fernwärme sind die Projekte „Energiewerk Graz“ und „Energetische Klärschlammverwertung“ wohl die beiden wichtigsten konkreten Projekte der nächsten Jahre. Die thermische Verwertung von nicht recyclebaren Reststoffen sowie von Klärschlamm soll künftig mehr als 200 Gigawattstunden an ökologischer Wärme für das Grazer Fernwärmesystem zur Verfügung stellen. Bis zum Jahr 2030 werden hierfür rund 300 Millionen Euro investiert. Weiters werden derzeit Gespräche über eine Ausweitung der Abwärmeauskopplung aus der Papierfabrik Sappi geführt.

Gemeinsam mit Partner:innen wird seitens der Energie Graz, der Energie Steiermark und der Holding Graz an weiteren Zukunftsprojekten gearbeitet. So könnte die Nutzung von Tiefen-Geothermie aus dem oststeirischen Becken einen Anteil von etwa 30 Prozent zur Grazer Wärmeversorgung leisten. Auch ein Speicherprojekt in Kombination mit Solarenergie- und Biomassenutzung im Süden von Graz, das von privaten Unternehmen vorangetrieben wird, könnte einen weiteren substanziellen Beitrag für eine zukünftige CO2-freie Fernwärme leisten.

Foto unten:

Gert Heigl, Wolfgang Malik, Elke Kahr, Werner Ressi, Judith Schwentner, Werner Prutsch, Boris Papousek (v. l.)

Gert Heigl, Wolfgang Malik, Elke Kahr, Werner Ressi, Judith Schwentner, Werner Prutsch, Boris Papousek (v. l.)
© Energie Graz

Statements zum Fernwärme-Jubiläum:

„Die Stadt unternimmt große Anstrengungen, um die Versorgung der Grazer Haushalte mit Fernwärme weiter zu verbessern und dabei auch selbst Fernwärme zu produzieren. Damit können wir die Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren und damit auch Schritt für Schritt mehr Möglichkeiten für eine soziale Preisgestaltung bekommen.“

Elke Kahr, Bürgermeisterin der Stadt Graz

„Wir haben es in Graz geschafft, die Feinstaubtage in den letzten zehn Jahren um über 70 Prozent zu senken und die Luftqualität nachhaltig zu verbessern. Der Ausbau des Fernwärmenetzes spielt dabei eine wesentliche Rolle. Mit einer noch stärkeren Nutzung der industriellen Abwärme sowie der weiteren Dekarbonisierung der Fernwärme wird die Wärmeversorgung für alle Grazer:innen auf immer umweltfreundlichere und unabhängigere Beine gestellt. Danke an alle Partner:innen, die mit uns dieses Ziel so konsequent verfolgen.“

Judith Schwentner, Vizebürgermeisterin der Stadt Graz

Mit der Inbetriebnahme des Fernheizkraftwerks Graz im Herbst 1963 haben die damalige STEWEAG und die GRAZER STADTWERKE AG den Grundstein für die Fernwärmeversorgung und die ökologisch notwendige Entwicklung in Graz gelegt. Seit damals arbeitet die Holding Graz federführend an neuen Ideen, insbesondere im Bereich der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Graz mit. Mit Meilensteinen wie der Umsetzung des Energiemodells Reininghaus, dem solaren Speicherprojekt Helios oder der Abwärmenutzung aus dem Papier- und Zellstoffwerk Sappi konnte der Anteil der Aufbringung aus erneuerbaren Quellen und Abwärme in den letzten Jahren durch zahlreiche Maßnahmen von rund 70 Gigawattstunden im Jahr 2015 auf rund 300 Gigawattstunden im Jahr 2020 mehr als vervierfacht und damit die Ökologisierung der Fernwärme vorangetrieben werden.“

Wolfgang Malik, CEO der Holding Graz und Gert Heigl, Vorstand der Holding Graz

„Unser Hauptziel ist es, im Wärme-Bereich die Ökologisierung der Energieproduktion so rasch wie möglich voranzutreiben, um die Abhängigkeit von Erdgas massiv zu reduzieren und das Ziel der Klimaneutralität unseres Unternehmens bis 2040 zu erreichen. Für die Umsetzung Erneuerbarer Energie-Projekte im Bereich Fernwärme werden wir in den kommenden Jahren gemeinsam mit Partnern mehr als 300 Millionen Euro investieren. So laufen derzeit u.a. auch Gespräche mit möglichen Partnern – der Frizberg Gruppe und der OMV – sehr positiv, erste technische und wirtschaftliche Analysen im Bereich Geothermie und Solare Wärmespeicherung wurden bereits eingeleitet. Vor dem Hintergrund sehr hoher Investitionskosten darf jedoch im Sinne der Kunden der Aspekt der Leistbarkeit nicht aus den Augen verloren werden. Der konsequente, schrittweise Ausstieg aus der fossilen Wärmeversorgung erfordert daher ein partnerschaftliches und konstruktives Zusammenspiel aller wesentlichen Institutionen von Stadt Graz und den Energieunternehmen.“

Christian Purrer und Martin Graf, Vorstände der Energie Steiermark

„Die Energiewende funktioniert nur in Kombination mit der Wärmewende in den Städten. Unser Ziel ist es daher, eine saubere, sichere und möglichst dekarbonisierte Fernwärmeversorgung in Graz sicherzustellen. Dazu arbeiten wir mit Nachdruck an der Umsetzung von Zukunftsprojekten wie dem Energiewerk Graz, der Klärschlammverbrennung und weiteren Abwärme-Auskopplungen.“

Boris Papousek und Werner Ressi, Geschäftsführer der Energie Graz

„Als Leiter der Arbeitsgruppe Wärmeversorgung Graz 2040 freue ich mich sehr, dass wir gemeinsam mit zahlreichen Partnern mehrere Projekte für eine Dekarbonisierung der Grazer Fernwärmeaufbringung initiieren konnten. Aus städtischer Sicht ist die Beheizung von Gebäuden mit Fernwärme in vielen Stadtbereichen ohne Alternative. Die größte Herausforderung ist dabei eine ausgewogene Weiterentwicklung des Gesamtsystems Fernwärme, die die Aspekte Versorgungssicherheit, Preis und Emissionen berücksichtigt.“

Werner Prutsch, Leiter Umweltamt der Stadt Graz

Fernwärme-Fakten:

Bilanz

  • Rund 90.000 versorgte Kund:innen
  • 60 Prozent der Grazer Haushalte sind bereits ans Netz angeschlossen
  • 450 Kilometer Leitungslänge
  • Rund 3.000 Neuanschlüsse im Jahr 2023
  • Rund 135.000 Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr

Kundennutzen

  • praktisch wartungsfrei – keine Heizkessel, Tanks oder Kamine
  • Fernwärme das ganze Jahr verfügbar
  • einfache Bedienung

Städtische Umweltmaßnahme

  • massive Reduktion der Feinstaubbelastung (-70 Prozent in zehn Jahren)
  • Verringerung der CO2-Belastung
  • Energieeinsparung