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Wir fei­ern 150 Jahre Was­ser für Graz

Wasserschwall Wassertropfen vor grünem Hintergrund
© Foto Fischer

Wasser ist für die meisten von uns heutzutage eine Selbstverständlichkeit. Doch das war natürlich nicht immer so. Auch nicht in Graz. Zwar wurde die erste Wasserleitung bereits im 15. Jahrhundert unter Kaiser Maximilian von einer Quelle am Rosenberg in die kaiserliche Burg gelegt, die Geschichte der kommunalen Wasserversorgung beginnt aber erst im Jahre 1870.

Graz vor 1870

Wasserquellen gab es damals nur sehr wenige, genau genommen eine am Rosenberg und eine andere am Ruckerlberg, die aber an heißen Sommertagen versiegten.

Wasser holte man sich aus Hausbrunnen, die als Saug- oder Pumpbrunnen ausgeführt waren.

Ein Projekt aus dem Jahre 1840, verfasst vom Baudirektor M. Votesky, empfiehlt samt Kostenüberschlag die Erweiterung der Burgwasserleitung durch die Einbeziehung von Quellen aus dem oberen Rosenberg. Die Zuleitung sollte mittels Röhren aus Lärchenholz erfolgen und Wasser an die Brunnen am Karmeliterplatz, Franziskanerplatz und am Hauptwachplatz leiten. Dieses Projekt wurde aber nie in Angriff genommen.

Vieles wurde versucht und unternommen die Grazer Bevölkerung mit Wasser zu versorgen. Aber alle Ideen, von der Nutzung des Andritzer Quellbeckens bis hin zu einer Vielzahl an Fließwasser-Brunnenprojekten, wurden nach Begutachtungen verworfen. Doch die Grazer Bevölkerung wuchs und so auch die Notwendigkeit einer funktionierenden Wasserversorgung.

Wasserwerk Körösistraße um 1980, Schwarzweißbild eines Gebäudes mit Schornstein nahe der Mur
© Wasser für Graz 1940_2010

Start der modernen kommunalen Wasserversorgung

Nach jahrelangen Debatten und abgewiesenen Projekten beschloss der Gemeinderat am 10.9.1869, unter dem damaligen Bürgermeister Moritz Ritter von Franck, „die für notwendig erkannte Wasserversorgung der Stadt Graz“ öffentlich in in- und ausländischen Zeitungen auszuschreiben.

Das Offert der Unternehmer Dr. Oscar Pongratz und Oberbaurat John Moore erhielt nach intensiver Beratung den Zuschlag, weil es große und wichtige Vorteile für die Gemeinde, die Bevölkerung, die Industrie und das Gewerbe vorsah. Vor allem aber, weil die Unternehmer anboten, die Wasserleitung mit Eigenmitteln, also ganz ohne Kostenbeitrag der Gemeinde, durchzuführen.

Foto: Wasserwerk Körösistraße um 1890. © Wasser für Graz 1940 / 2010

Der Vertrag der Stadtgemeinde Graz mit Dr. Oscar Pongratz und John Moore, betreffend die Verleihung der Concession zur Versorgung der Stadt Graz mit Wasser wurde am 2.4.1870 abgeschlossen.

Oscar Pongratz und John Moore kauften am 17.6.1870 ein passendes Grundstück auf den Murwiesen am Schwimmschulkai und errichteten dort nach erteilter Baubewilligung das allererste Grazer Grundwasserwerk in der Körösistraße. Am 1. Mai 1872 erfolgte die feierliche Eröffnung. Die Murregulierung von 1876, die zu einem Absinken des Grundwasserspiegels führte, steigerte den Wasserbedarf aus dem neuen Grundwasserwerk Körösistraße.

Luftbild Wasserwerk Andritz 1902 schwarz-weiß Aufnahme Landschaft
© Wasser für Graz 1940 2010

Wasserwerk Andritz wird Hauptwerk – Sperrung der Schöpfbrunnen am Schwimmschulkai

Weil der tägliche Wasserverbrauch 1897 – also 25 Jahre nach Eröffnung des ersten Grundwasserwerkes – bereits auf beachtliche 170 Liter pro Kopf angestiegen ist, wurde es notwendig ein zweites Wasserwerk zu errichten. Dazu wurde ein Grundstück in der St. Gottharter Au in Andritz angekauft und 1908 übernahm dieses Wasserwerk die Wasserversorgung der Stadt Graz. Das Hauptwerk in der Körösistraße wurde wegen mangelnder Wasserqualität vom Netz genommen.

Foto: Luftbild Wasserwerk Andritz 1902

Auszug aus der Gemeinderatssitzung vom 11.5.1908:

In der Gemeinderatssitzung am 11. Mai 1908 verlas der Berichterstatter des Wasserversorgungsausschusses Dr. Gargitter den vorbehaltlich der Zustimmung des Gemeinderates abgesprochenen Vergleich und fasste dann zusammen:

„Die Ausgestaltung des Werkes Andritz ist damit erreicht, so daß die Wassergewinnung endgültig auf das Werk Andritz übergeht und das Wasser durch das neue Andritzer Pumpwerk direkt in die Rohrleitungen bzw. in das Reservoir gepumpt wird. Am Schwimmschulkai bleiben der Sammelbrunnen und die Maschinen als Reserve vorläufig weiter bestehen.“

 

Altes Schriftstück zur Kundmachung des Wasserzins
© Holding Graz Wasserwirtschaft

Nach einigen rechtlichen Auseinandersetzungen erfolgte 1911 schließlich die Übernahme der privaten Wasserversorgung durch die Stadtgemeinde Graz mit den Grundwasserwerken Körösistraße und Andritz, einem Hochbehälter am Rosenberg und rund 108 km Rohrnetz. Der Kaufpreis betrug 5,75 Millionen Kronen.

Die Belegschaft bestand aus 34 Mitarbeitern, die Wasserfördermenge lag bei 5,873 Millionen Kubikmeter. Davon wurden aber nur rund 10 Prozent per Wasserzähler geltend gemacht. Der Rest wurde nach Wohnungsgröße pauschalisiert verrechnet. Eine vollständige Verrechnung über Wasserzähler wurde erst 1919 infolge einer Wasserknappheit eingeführt.

Foto: Kundmachung 1918 Wasserzins

Historisches Schwarz-Weiß Foto, mehrere Männer stehen um ein großes Stück Wasserrohr und versuchen dieses mittels dicker Seile zu bewegen
© Holding Graz Wasserwirtschaft

Auch der zweite Weltkrieg hinterließ seine Spuren. Umfangreiche Zerstörungen an den Wasserwerksanlagen und insgesamt 592 Bombentreffer im Wasserwerk Andritz und im Rohrnetz waren zu verzeichnen.

Mit dem Wachstum der Bevölkerung stieg natürlich auch der Wasserbedarf und so begann man 1948 mit dem Bau eines weiteren Wasserwerks in Feldkirchen. Die Inbetriebnahme erfolgte 1951.

Bereits 15 Jahre später erfolgte der Startschuss zum Bau des Wasserwerkes in Friesach, welches 1972 ans Netz ging.

Somit besaß Graz drei Grundwasserwerke, die jährlich knapp 20 Millionen Kubikmeter lieferten.

Foto: Verlegen der Transportleitung aus Gußrohren DN 700 von Feldkirchen nach Graz

Berglandschaft mit Nebelschwaden im Tal
© Wasser für Graz 1940 2010

Wasser vom Hochschwab

1971 wurde der Wasserverband Hochschwab Süd, mit 27 Mitgliedsgemeinden, zur Sicherung der Wasservorkommen für die künftige Trinkwasserversorgung steirischer Gemeinden und der Landeshauptstadt Graz gegründet.

Mit der Gründung der Zentral-Wasserversorgung Hochschwab Süd GmbH erfolgte 1993 die Einspeisung von Hochschwab-Wasser in das Grazer Leitungsnetz. www.zwhs.at

Wasserkammer Hochbehälter Rosenberg mit vielen Säulen
© Wasser für Graz 1940/2010

Ausbau

Einen wahren Bauboom gab es in den 1970er bis 1980er Jahren. Es entstanden acht Hochbehälter, drei Pumpstationen, das Wasserwerk Andritz wurde mit zwei leistungsfähigen Horizontalfilterbrunnen (HFB) ausgestattet und zwei weitere HFB im Wasserwerk Friesach gingen in Betrieb. Die in der Normalversorgungszone gelegenen Stadtrandbezirke wurden ausgebaut, dabei zahlreiche Hochbehälter und Pumpstationen errichtet.

Gegenwärtig verfügt die Graz Wasserwirtschaft u. a. über 23 Hochbehälter, 33 Pumpstationen, 5.607 Hydranten und es sind über 32.000 Liegenschaften an das Wasserleitungsnetz angeschlossen.

Foto: Wasserkammer Hochbehälter Rosenberg um 1930

Ein kleiner Junge füllt an einem Grazer Trinkbrunnen in Augarten eine Wasserflasche randvoll an und lächelt dabei in die Kamera
© Holding Graz/Karelly

TrinkWasser

Kaum mehr wegzudenken, sind die vielen Trinkbrunnen, die im öffentlichen Raum nicht nur der durstigen Bevölkerung, sondern mittlerweile auch den durstigen Vierbeinern kostenlos zur Verfügung stehen. Seit Juli 2002 – also genau vor 20 Jahren – wurde der erste Trinkbrunnen am Murradweg hinter dem ehemaligen Betriebsgebäude Körösistraße feierlich eröffnet. Knapp 150 Trinkbrunnen stehen aktuell in Graz zur Verfügung.

Zum Trinkbrunnen https://www.holding-graz.at/de/wasser/trinkbrunnen/

Das neue moderne Gebäude der Holding Graz Wasserwirtschaft umgeben von Bäumen und viel Grün
© Paul Ott

Zusammenlegung

Bis in die 1980er waren die einzelnen Abteilungen der Wasserversorgung mit ihren 130 Mitarbeiter:innen auf vier Standorte verteilt. Areal am Schönaugürtel, Verwaltungsgebäude Andreas-Hofer-Platz, das ehemalige Wasserwerksgebäude in der Körösistraße – das 1986 revitalisiert wurde – und das Areal des Wasserwerkes in Andritz.

Mit dem neu entstandenen Kompetenzzentrum in Andritz ist es 2010 gelungen, alle Wasser-Bereiche an einem Standort zu bündeln. So können Synergien genutzt sowie Arbeitsabläufe optimiert und vereinfacht werden. Seit 2011 gehören auch die Bereiche Abwasser und Kläranlage (Kanalnetz und Kläranlage im Vermögen der Stadt Graz, Betriebsführung bei der Holding Graz) zur nunmehrigen GRAZ WASSERWIRTSCHAFT.

Foto: Kompetenzzentrum Graz-Andritz

Alles fließt

Nach wie vor deckt Graz seinen Wasserbedarf ausschließlich mit Grundwasser aus den Wasserwerken Andritz, Friesach, Feldkirchen und dem südlichen Hochschwabgebiet. Nur naturbelassenes und bestens kontrolliertes Trinkwasser findet seinen Weg ins mehr als 1.400 Kilometer lange Leitungsnetz. Der tägliche Pro-Kopf-Verbraucht liegt bei durchschnittlich 130 Litern.

Schon heute beginnt die Graz Wasserwirtschaft mit den Arbeiten für morgen, um auch künftigen Generationen eine sichere Versorgung mit bestem Trinkwasser zu garantieren. Und das nicht nur für die kommenden 150 Jahre.

Buchempfehlung:

Wasser für Graz, 1940-2010, Helmut Nickl, Christian M. Peer